Stiftung Warentest und die Datensicherung

stiftung_warentest_juni_2009_datensicherungIm Juni 2009 wagte sich die Stiftung Warentest in die Untiefer der Computertechnik vor: Datensicherungssysteme standen auf dem Prüfstand.

Kurz und knapp: Der Test war oberflächlich und abenteuerlich. Wer keine Ahnung von dem Thema hat und sich auf das Ergebnis der Stiftung gemeinhin verlässt, der sollte weiterlesen.

Das Problem: Manche Menschen glauben, beim Datensichern gehe es darum, ein paar Dateien von A nach B zu transportieren. Dem ist aber nicht so, das Thema ist erheblich komplizierter. Das Kopieren einer einfachen Datei geht in der Regel problemlos vonstatten – keine Frage. Manchmal hat die Datei aber einen überlangen Namen (Pfad + Name >256 Zeichen) oder die Datei ist verschlüsselt oder mit speziellen Zugriffsrechten ausgestattet… oder oder oder… und genau in diesen Fällen kommen Backup-Programme ins Schleudern.

 Zur Sache:

  • Der Artikel ist oberflächlich
    Im Test standen u.a. Kriterien wie „Geschwindigkeit“, „Systembelastung“ und die Anzahl der unterstützen Sicherungsversionen auf dem Programm. Von anderen, meiner Meinung nach deutlich relevanteren Kritierien, war hin gegen nichts zu lesen. Dazu gleich mehr.
  • Der Artikel ist abenteuerlich
    Die Zeitung weist darauf hin, dass der Bedientest von „drei interessierten Laien“ und einem „Experten“ durchgeführt wurde. Dieses Gremium sollte nun über Wohl und Wehe entscheiden – na Prost Mahlzeit!

So hätte es laufen müssen: Stiftung Warentest hätte deutlich mehr Fachlichkeit an den Tag legen müssen. Interessierte Laien mögen ja für einen Usability-Test nützlich sein, für die Überprüfung der technischen Funktionalität der Software sind sie hingegen nicht geeignet.

Profi-Kritierien für ein Datensicherungsprogramm:

  • Ein Backup-Programm muss stets und unter allen Umständen den Anwender wahrheitsgemäß darüber informieren, wenn etwas schief geht. Als Minimum gilt ein Eintrag in einem Protokoll, bevorzugt ergänzt durch ein Warnfenster oder eine ähnliche Funktion. Inakzeptabel hingegen ist es, wenn der Anwender vom Fehler gar nichts erfährt. Denn dann stellt er erst beim Wiederherstellen fest, dass eine versehentlich gelöschte Datei, in der monatelange Arbeit steckte, im Backup nicht zu finden ist.
  • Ein echtes Verify, also ein 1:1-Abgleich von Original-Dateien und Backup[, muss möglich sein.] 
  • Eine Integritätsprüfung, mit der sich auch später noch feststellen lässt, ob ein Backup-Archiv heile ist[, muss vorhanden sein.]
  • Ein Backup-Programm muss auch mit den Zugriffsrechten des NTFS-Dateisystems umgehen können: Wenn eine Datei vor dem Backup nur bestimmten Konten zugänglich ist, dann darf sich durch die Wiederherstellung daran nichts ändern.
  • Wenn Daten mit dem bordeigenen EFS verschlüsselt sind, darf es sie weder beim Sichern noch beim Wiederherstellen entschlüsseln.
  • Dateien, die größer als 4 GByte sind, müssen auch auf FAT32-Partitionen gesichert werden können. Die kommen beispielsweise bei den für das Aufbewahren eines Backups gut geeigneten externen Festplatten oft zum Einsatz, weil dieses Dateisystem von besonders vielen Betriebssystemen unterstützt wird.

Quelle: c’t 09/2006, Axel Vahldiek und Christoph Hoppe

Meine Meinung: In dem Test der c’t vor drei Jahren fielen damals 15 von 27 Backup-Programmen durch. Die verbliebenen 12 hatten ebenfalls Macken, von beschädigten Archiven bis hin zu nicht-gebrannten CDs. Wenn also „interessierte Laien“ und ein „Experte“ für die Stiftung Warentest einen Funktionstest durchführen, heißt das (leider) noch gar nichts. Ob die Produkte wirklich „gut“ sind, muss der Anwender selbst herausfinden. Natürlich muss eine Zeitung so schreiben, dass ihre Leserschaft sie versteht. Dass darf aber nicht dazu führen, dass die etwas komplexere Technik zugunsten der Verständlichkeit komplett ausgeblendet wird. Solange die „Computer“-Kompetenz der Stiftung Warentest nicht deutlich erkennbarer wird, empfehle ich: „Schuster, bleib‘ bei deinen Leisten!“

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