Während wir uns mit Deutschland-sucht-den-Superpräsidenten aufhalten, lese ich heute in einer Randnotiz, dass am 14. Februar irgendein Diplomat den Vertrag zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus für Deutschland unterzeichnet hat. Ja bitte geht’s denn noch?
Wie wäre es denn, wenn wir mal über den Vertrag reden – anstatt darüber, ob der kleine Christian seine Handyrechnung selbst bezahlt hat? Keinen Plan wovon ich rede? Na, lest euch den ESM Vertrag einfach mal durch.
Hier ein paar Vertragsklauseln zum mitschmunzeln:
Artikel 8,4 : Die ESM-Mitglieder verpflichten sich unwiderruflich und uneingeschränkt, ihren Beitrag zum genehmigten Stammkapital gemäß ihrem Beitragsschlüssel in Anhang I zu leisten. Sie kommen sämtlichen Kapitalabrufen gemäß den Bedingungen dieses Vertrages fristgerecht nach.
=> das bedeutet, dass den nationalen Parlamenten der Mitgliedsstaaten bis zum Sankt Nimmerleinstag das Haushaltsrecht entzogen wird. Im Falle von Deutschland reden wir hier immerhin von 190 Mrd. Euro (~27,14% des anfänglichen Stammkapitals).
Artikel 12,1: Ist dies zur Wahrung der Finanzstabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt und seiner Mitgliedstaaten unabdingbar, so kann der ESM einem ESM-Mitglied unter strengen, dem gewählten Finanzhilfeinstrument angemessenen Auflagen Stabilitätshilfe gewähren. Diese Auflagen können von einem makroökonomischen Anpassungsprogramm bis zur kontinuierlichen Erfüllung zuvor festgelegter Anspruchsvoraussetzungen reichen.
=> das bedeutet, hier wird eine supranationale Regierung ohne demokratische Legitimation etabliert!
Artikel 24,2: Unbeschadet des Artikels 23 werden der Reingewinn aus den Operationen des ESM und die Einnahmen aus finanziellen Sanktionen gegen ESM-Mitglieder im Rahmen des Verfahrens der multilateralen Überwachung, des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit und des Verfahrens bei
einem übermäßigen makroökonomischen Ungleichgewicht im Rahmen des AEUV in einen Reservefonds eingestellt.
=> das bedeutet, der ESM wird Geld aus den Mitgliedsländern herauspressen (erwirtschaften) um es anschließend wieder bei Großbanken zu parken.
Artikel 32,3: Der ESM, sein Eigentum, seine Mittelausstattung und seine Vermögenswerte genießen unabhängig davon, wo und in wessen Besitz sie sich befinden, Immunität von gerichtlichen Verfahren jeder Art, es sei denn, der ESM verzichtet für ein Gerichtsverfahren oder in den Klauseln eines Vertrags, etwa in der Dokumentation der Finanzierungsinstrumente, ausdrücklich auf seine
=> das bedeutet, der ESM kann nichtmal vor dem Europäischen Gerichtshof für strafbare oder grob fahrlässige Handlungen sanktioniert werden.
Artikel 32,8: Soweit dies zur Durchführung der in diesem Vertrag vorgesehenen Tätigkeiten notwendig ist, sind das gesamte Eigentum, die gesamte Mittelausstattung und alle Vermögenswerte des ESM von Beschränkungen, Verwaltungsvorschriften, Kontrollen und Moratorien jeder Art befreit.
=> das ist nur konsequent, denn wann man schon von niemanden bestraft werden kann, braucht man auch keine unabhängigen Kontrolleure.
Artikel 35,1: Im Interesse des ESM genießen der Vorsitzende des Gouverneursrats, die Mitglieder des Gouverneursrats, die stellvertretenden Mitglieder des Gouverneursrats, die Mitglieder des Direktoriums, die stellvertretenden Mitglieder des Direktoriums sowie der Geschäftsführende Direktor und die anderen Bediensteten des ESM Immunität von der Gerichtsbarkeit hinsichtlich ihrer in amtlicher Eigenschaft vorgenommenen Handlungen und Unverletzlichkeit hinsichtlich ihrer amtlichen Schriftstücke und Unterlagen.
=> das bedeutet, dass selbst wenn durch eine Vertragslücke ein findiger Staatsanwalt schlüpfen und dem ESM ein Vergehen nachweisen würde, die Beteiligten in keinem Fall zur Rechenschaft gezogen werden könnten. Das Geschieht natürlich alles im Interesse des ESM!
Artikel 36,1: Im Rahmen seiner amtlichen Tätigkeiten sind der ESM, seine Vermögenswerte, sein Gewinn, sein Eigentum sowie seine im Rahmen dieses Vertrags zulässigen Operationen und Geschäfte von allen direkten Steuern befreit.
=> das bedeutet, dass sich hier eine Organisation formiert, deren Ziel die Erwirtschaftung von Reingewinn ist, den sie bei Großbanken parken und für den sie keine Steuern zahlen will – bei voller Immunität der Akteure und Unantastbarkeit ihrer Einrichtungen.
Artikel 36, 2: Die ESM-Mitglieder treffen in allen Fällen, in denen es ihnen möglich ist, geeignete Maßnahmen für den Erlass oder die Erstattung des Betrages der indirekten Steuern und Verkaufsabgaben, die in den Preisen für bewegliche oder unbewegliche Güter inbegriffen sind, wenn der ESM für
seinen Dienstbedarf größere Einkäufe tätigt, bei denen derartige Steuern und Abgaben im Preis enthalten sind.
=> das bedeutet, dass sie sogar die Mehrwertsteuer zurück haben wollen… der Begriff Fremdschämen kommt hier langsam hoch.
Artikel 36,5: Die Bediensteten des ESM unterliegen für die vom ESM gezahlten Gehälter und sonstigen Bezüge nach Maßgabe der vom Gouverneursrat zu beschließenden Vorschriften einer internen Steuer zugunsten des ESM. Vom Tag der Erhebung dieser Steuer an sind diese Gehälter und Bezüge von der nationalen Einkommensteuer befreit.
=> das bedeutet, dass die Reingewinnkapitalisten mit Immunität und Botschafterstatus nicht mal den Anstand haben, wenigstens ihre persönliche Vergütung national zu versteuern.
Ich fasse zusammen: wir haben einen Vertrag, der ausführlich die Einsetzung eines Gouverneursrates regelt, deren Immunität, Steuerbefreiung und Unantastbarkeit. Der Vertrag ist unwiderruflich und verpflichtet Deutschland, auf Kommando 190 Mrd. Euro locker zu machen, eventuell auch mehr. Wenn wir uns nicht benehmen, kann der Rat uns Maßregeln und in unser Land hineinregieren. Das alles wird für 17 Länder auf 62 DIN A4-Seiten geregelt. Geht man rein nach der Wortanzahl, spielt das Abkommen in einer Liga mit der Europäischen Verodnung für Roaminggebühren in öffentlichen Mobilfunknetzen…
Kurzum: falls das wirklich ernst gemeint sein soll, kann ich nur hoffen, dass unser Bundesverfassungsgericht diesen dreisten Raubzug gegen Europa und die Menschen unterbindet.
Wer aktiv etwas gegen diesen Unfug tun will, der schreibt seinem Bundestagsabgeordneten. Vielleicht fällt dem ja ein, was man dagegen machen kann.
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