Feinstaubalarm in Mellnau

Die öffentlichen Diskussionen des Jahres 2019 sind vor allem geprägt durch ein Thema: den Klimawandel. Fridays4Future, Dieselskandal, Kohleausstieg oder das Rezo-CDU-Zerstörungsvideo – an allen Ecken und Enden kommt das Klima zum Vorschein. Grund genug, sich auch bei uns damit zu befassen.

Wetter messen

Da es insbesondere die jüngeren Jahrgänge sind, die sich großen Sorge um den Wandel des Klimas machen, nahm sich der Heimat- und Verkehrsverein des Themas an. Die Smart Kids AG durfte auf Kosten des Vereins am 3. und 4. Mai etwas basteln: zwei allwettertaugliche Umweltsensoren. Temperatur, Luftfeuchtigkeit und den vieldiskutierten Feinstaub sollten die Sensoren messen können. Und ganz wichtig: über eine App oder Website mussten die Daten der Sensoren sichtbar werden – jeder sollte schließlich sehen können, wie es bei uns mit Feinstaub&Co bestellt ist.

Zugegeben: für echte Klimaforschung bedarf es etwas mehr als ein paar Sensoren aus Baumarkt-Materialien. Aber immerhin: das Thema war in den Köpfen präsent und wurde auf einmal ziemlich gut fassbar. Das sollte für den Einstieg genügen.

Wer sich jetzt wundert, warum wir in Mellnau überhaupt Feinstaub messen können, der hat nicht ganz unrecht. Die paar Busse und Autos, die durch unser Dorf fahren, sind augenscheinlich kaum der Rede wert. Aber Feinstaub kommt nicht nur durch Fahrzeuge. Auch Holzheizungen oder Kamine fabrizieren ihn, genauso wie das Maifeuer oder Silvester. Das schöne an den Sensoren ist, dass wir jetzt messen können, ob Silvester&Co überhaupt messbare Mengen Feinstaub produzieren oder ob wir hier über etwas reden, was faktisch keine messbare Relevanz hat.

Mikrochips in Abflussrohren

Die Ansaug- und Filterkomponente des Sensors

Als Vorlage für das Projekt nutzte die Smart Kids AG einen Bauvorschlag des Open Data Projekts von luftdaten.info. Das Projekt gehört zum Umfeld der Universität Stuttgart. Die Stuttgarter stellen neben dem Bauvorschlag auch die passende Software und Datenplattform bereit, um die Umweltdaten möglichst einfach erheben und auswerten zu können.

Herzstück eines jeden Messsensors ist ein kleiner Mikrochip, der zusammen mit einem Filtermodul in einem Abflussrohr (genauer: in zwei aneinander gesteckten Marley HT-Bögen) montiert wird. Kaum zu glauben aber wahr: der Chip kostet kaum mehr als die beiden Kunststoffbögen – die Globalisierung macht’s möglich.

7 Käbelchen und 2 Kabelbinder

Die Bauanleitung war schnell gelesen – und mit einer gewissen Zuversicht luden die Smart Kids Mentoren Michael Oeser, Michael Reynolds und Andreas W. Ditze die Kinder aus Mellnau (und Umgebung) zum Selber-bauen ein.

Die Smart Kids begutachten die Sensoren.

Gesagt, getan: 8 Kinder kamen zusammen, eines davon sogar aus Marburg. Standesgemäß verzichteten die Kids (natürlich) auf das Lesen der Anleitung und stiegen direkt über zwei Youtube-Tutorials ein. Zugegebenermaßen eine unterhaltsame und durchaus wirkungsvolle Art, sich eines solchen Themas zu nähern.

Der Sensor wird aufgebaut. Kaum zu glauben, aber es war wirklich kinderleicht.

Nach ein paar Kabeln und noch viel weniger Kabelbindern war das Werk vollbracht, die Sensoren waren im Prinzip fertig. Was folgte war noch etwas Software und die Verbindung mit dem dorfeigenen WLAN – und schon waren die Sensoren fertig.

Prozessor, Luftfilter und Abwasserrohr – das sind die Zutaten für den Umweltsensor.

Feinstaub messen

Nachdem wir nun zwei voll funktionsfähige Umweltsensoren hatten, stellte sich die Frage, wo genau wir denn nun messen sollten. Nach kurzer Diskussion war klar: ein Sensor sollte nahe der Bushaltestelle bei der Schule sein, da an diesem Verkehrsknotenpunkt des Dorfes vergleichsweise viel Feinstaub vermutet wurde. Der andere Sensor sollte zum Vergleich in die Raucherecke am Dorfgemeinschaftshaus.

Der erste produktive Sensor befindet sich in der Raucherecke am DGH.

Der Sensor am DGH ließ sich vergleichsweise einfach montieren, die Montage an der Schule oder dem Ortsvorsteherbüro steht noch aus.

Alarm am Konfirmationssonntag

Gut zwei Wochen gingen ins Land, bis der Sensor am DGH erstmals Alarm schlug. Der Sensor zählt, wieviel Gewicht die Teilchen kleiner als 10 Mikrometer in einem Kubikmeter Luft auf die Wage bringen. Normalerweise liegt dieser Wert am DGH zwischen 5 und 25 Mikrogramm, ausgerechnet am Pfingstsonntag  jedoch stieg dieser Wert um die Mittagszeit auf über 110 Mikrogramm an. Zum Vergleich: wenn in einer deutschen Großstadt mehr als 18 Mal im Jahr die Grenze von 200 Mikrogramm pro Kubikmeter überschritten wird, drohen dort Fahrverbote.

Am Pfingstsonntag schlug der Feinstaubsensor an. Raucherpause am DGH.

Für Fahrverbote in Mellnau bestand jedoch keine Gefahr. Es zeigte sich, dass hier nicht etwa feinstaubschleudernder Schwerlastverkehr durch Mellnau fuhr – sondern lediglich ein paar Raucher nach dem Mittagessen auf der Terasse des DGH noch eine Auszeit nahmen. Immerhin: jetzt wussten die Smart Kids, wieviel Feinstaub in einer Zigarette enthalten ist.

Und wo gibt’s die Daten?

Wer selber mal sehen möchte, wie der Tages-, Wochen- und Jahresschnitt unserer Feinstaubbelastung ist, folgt diesem Link: http://bit.ly/mk103-7

Wer sich mehr für die Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit interessiert, wird stattdessen hier fündig: http://bit.ly/mk103-8

Und wer sehen möchte, welche Umweltdaten im Rest der Welt gemessen werden, schaut hier vorbei: http://bit.ly/mk103-9

Podcasts für die Umwelt

Nachdem wir am ersten Tag die Sensoren gebaut und an den Start gebrachten hatten, widmete sich die Smart Kids AG am zweiten Tag der inhaltlichen Aufbereitung. Genauer gesagt: wir produzierten Podcasts. Mit Unterstützung von „Obi“ Ebert machte sich die Gruppe daran, dass Gelernte akustisch aufzuarbeiten und einfach mal darüber zu reden, was die Kids in Sachen Klima bewegt.

Herzlichen Dank an den Heimat- und Verkehrsverein für die Unterstützung dieses Projekts. Nach den Sommerferien folgt die nächste Smart Kids AG – Neueinsteiger sind herzlich willkommen.

Text: Andreas W. Ditze
Bilder: Michael Oeser

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